Fraktionsreport 03/2024

Pankow gegen Verdrängung

BV Fred Bordfeld

Schon vor dem Treppenhaus zum BVV-Saal drängelten sich die Leute, als Mitte März das Mieternetzwerk „Pankow gegen Verdrängung“ zum Krisengipfel geladen hatte. Nach einem Arbeitstreffen im Herbst mit der Senatsverwaltung im Abgeordnetenhaus hatten die Mieter*innen den Gipfel gefordert und verabredet. Seit geraumer Zeit ist die Initiative unterwegs, um auf einen Umstand hinzuweisen, der zwar allen bekannt war, wo aber bei den Betroffenen der Eindruck entstand, dass so recht niemand sich damit beschäftigen will oder gar eine Lösung parat hat. Bei den großen Sanierungen des Prenzlauer Bergs und Pankows hatte man Hauseigentümer*innen großzügig mit Geld versorgt und dafür Belegungsrechte in den sanierten Häusern erhalten. Mitte der 90er wurden so ca. 7000 mietpreisgebundene Wohnungen geschaffen. Im letzten Jahr waren davon nur noch ungefähr 2500 übrig und bis 2030 werden nur noch wenige Restbestände zur Verfügung stehen.

Man hatte viele Leute eingesammelt. Aktive der Mietervernetzung waren über Monate durch die betroffenen Häuser gegangen, um Bewohner auf Ihre Situation aufmerksam zu machen, Hausgemeinschaften wurden organisiert, Unterschriften gesammelt und Kieztreffen veranstaltet. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt und neben Mieter*innen waren auch der Staatssekretär für Wohnen und Mieterschutz Stephan Machulik, Stadtentwicklungsstadtrat Cornelius Bechtler, der Berliner Mieterverein und zahlreiche Mitarbeitenden der zuständigen Verwaltungen gekommen. Andrej Holm führte in die Runde ein und am Beginn standen sehr eindrückliche Berichte von Betroffenen. Menschen die nach Jahrzehnten in ihren Wohnungen nun mit Eigenbedarfsklagen, massiven Mieterhöhungen und dem Verkauf ihrer Häuser in einen überhitzten Immobilienmarkt konfrontiert sind. Wenn der eigene Lebensraum zum Spielobjekt für Investoren wird, zerbrechen nicht nur soziale Bindungen und Alltagsstrukturen, sondern Menschen verlieren oft den Halt im Leben und ihre Perspektiven für die Zukunft.

Da Senator Gaebler keine Zeit für den Gipfel gefunden hatte, ging es nach der Übergabe von einem offenen Brief mit 1700 Unterschriften an seinen Staatssekretär in die Arbeitsgruppen. Für zweieinhalb Stunden sollte zu den Themen „Eigenbedarf und Zweckentfremdung“, „Gemeinwohlorientierter Ankauf“ und „Dauerhafte Bindungen“ an konkreten Lösungen gearbeitet werden. Die Initiative hatte ihre Forderungen dazu schon im Vorfeld formuliert: Ein Verbot der Eigenbedarfskündigung, bessere Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes und der gemeinwohlorientierte Ankauf von Wohnraum standen unter anderem auf der Liste. Da wir derzeit wieder das Vorkaufsrecht in der Bezirksverordnetenversammlung diskutieren - die Kastanienallee 86 mit dem dem „Tuntenhaus“ ist kürzlich verkauft worden - schloss ich mich der Arbeitsgruppe zum gemeinwohlorientierten Ankauf an.

Am Ende blieb ein zwiespältiges Ergebnis. Wie so oft beim Thema Wohnen sind sich alle einig, wie bedrohlich die Situation ist und das sich dringend etwas ändern muss. Allerdings tun sich die Verantwortlichen sehr schwer damit, den Forderungen der Mieter*innen entweder nachzukommen oder eigene Lösungsansätze auf den Tisch zu legen. Es hilft halt nicht 2030 ein paar tausend Wohnungen zu bauen, wenn die Menschen jetzt aus ihrer Wohnung geklagt werden.