Die Bezirke erhalten für ihre gesetzlich definierten Aufgaben vom Land Berlin Mittel, die sie in ihren Bezirkshaushaltsplänen abbilden sollen. Pankows Doppelhaushalt hat einen finanziellen Umfang von etwa einer Milliarde Euro. Fast alle Positionen sind vorgegeben: So werden zum Beispiel Sozialleistungen, auf die Einwohner*innen Pankows einen Anspruch haben, nur „durchgeleitet“ – sie können nicht per Beschluss der Bezirksparlamente geändert werden. In vielen Ausgaben- und Einnahmenkapiteln des Haushaltsplanes sind ebenfalls Vorgaben für die Bezirke erlassen worden. Damit reduziert sich das, was überhaupt veränderbar ist, also einer politischen Schwerpunktsetzung zur Verfügung steht, auf weniger als ein Prozent des Gesamthaushaltes. Auch beim Personal steht es den Bezirken nicht frei, den Bedarfen entsprechend Stellen zu schaffen.
Für den Doppelhaushalt 2022/2023 hat das Abgeordnetenhaus Mitte des letzten Jahres beschlossen, dass die Bezirke sich an den Kosten der Pandemie beteiligen sollen, indem sie einen zweistelligen Millionenbetrag einsparen. Pankow ist als Bezirk mit einer gerade erst überwundenen, unverschuldeten Verschuldung in einer besonders schwierigen Situation. Bezirksbürgermeister Sören Benn (DIE LINKE) spricht von einem komplett „ausgetrockneten“ Etat.
Matthias Zarbock, Co-Fraktionsvorsitzender und haushaltspolitischer Sprecher der Linksfraktion, wies in der BVV-Debatte gestern darauf hin, dass die permanente personelle und finanzielle Unterausstattung der Berliner Bezirke Anlass für berechtigte Kritik und viele Beschwerden der Bürger*innen ist. Viel zu lange werden die Ressourcen nicht orientiert an den Bedarfen zur Verfügung gestellt, sondern auf Grundlage eines Berechnungsmodells, das an der Realität und den berechtigten Ansprüchen der Bürger*innen vorbei geht.
Keine Alternative – so haben die demokratischen Fraktionen in der BVV Pankow übereinstimmend festgestellt – wäre eine Verweigerung des Bezirks, einen Haushalt aufzustellen, da in einer dann eintretenden Situation der „Haushaltswirtschaft“ nur unabweisbare Ausgaben getätigt werden könnten. Das würde gerade die sogenannten „freiwilligen Leistungen“ (im Bereich Soziales, Jugend und Kultur) besonders hart treffen. Deshalb hat sich das demokratische Spektrum in Pankow früh darauf verständigt, sich gemeinsam an die Arbeit zu machen und parteipolitische Konkurrenz zurückzustellen. Unter Federführung von SPD und LINKE entstand in den letzten Wochen während der Haushaltsberatungen in den Ausschüssen ein Paket von Haushaltskorrekturen gegenüber dem Entwurf des Bezirksamtes, das eine Unterstützung aller demokratischen Fraktionen gefunden hat.
Um einen ausgeglichenen Haushalt (Höhe der Ausgaben gleich Höhe der Einnahmen) zu sichern, haben die Bezirkspolitiker*innen die Kapitel und Titel des Haushaltsplans geprüft und von allen getragene Änderungen zur Beschlussfassung eingebracht.
So wurde, wie Matthias Zarbock in der BVV-Debatte dankend formulierte, „aus diesem Einsparhaushalt noch etwas anderes: Ein gemeinsames Projekt von Demokratinnen und Demokraten zum Wohle Pankows.“
„Mit dem gestern beschlossen Haushalt haben wir freiwillige soziale und kulturelle Angebote vor schärferen Einschnitten bewahrt. Wir haben nachgesteuert bei der Musikschule und den Bibliotheksmedien – ein Bekenntnis zu den Traditionen Pankows. Denn auch wenn wir zu wenig zur Verfügung hatten, um noch etwas oben drauf zu legen, die Schwerpunktsetzung der Haushalte der letzten Jahrzehnte schreiben wir fort, und das ist nicht wenig“, so Matthias Zarbock.
Diese Tradition stellt Kinder und Jugendliche, sowie ökonomisch Schwache in den Mittelpunkt. Sie sind auf kostenlose Kulturangebote, auf Spielplätze und soziale Beratungsangebote des Bezirks angewiesen. Obwohl die uns zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichen, um die großen Probleme im Bezirk zu lösen, haben die Demokrat*innen sich gemeinsam den dringlichen Aufgaben gestellt.
So hat die BVV durch Erhöhungen von Ausgaben beschlossen, der Musikschule mehr Honorarmittel für die vielen freien Mitarbeiter*innen zur Verfügung zu stellen, den Medienetat der Bibliotheken stabil zu halten, die Mittel für Gehwegsanierungen, für die technische Ausstattung der Grundschulen und für bessere Spielplätze aufzustocken. Um die Zukunftsfähigkeit der Verwaltung wenigstens graduell zu verbessern, hat die BVV ein Projekt für digitale Information und Beteiligung beschlossen und Mittel für ein Gutachten für Klimaanpassung durch Entsiegelung bereitgestellt.
Die BVV hat mit den Ja-Stimmen der demokratischen Fraktionen und gegen die Stimmen der (in den Haushaltsberatungen wieder einmal komplett untätigen) AfD diesen Haushalt gestern beschlossen. Die Linksfraktion hat sich ihrer Pflicht und Verantwortung für ein soziales Pankow gestellt. Der Haushaltsbeschluss ist ein Erfolg unter schwierigsten Bedingungen und ein wichtiger Schritt für eine bessere Zukunft, für die wir weiter streiten werden.
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