Machbarkeitsstudie für die Klimastraße Hagenauer Straße

39. Tagung der BVV

Drs. VIII-1421

Gemeinsamer Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der SPD-Fraktion und der Linksfraktion für Bürger*innen


Die BVV möge beschließen:

Das Bezirksamt wird ersucht,

  • zeitnah eine Machbarkeitsstudie für ein Pilotprojekt einer Klimastraße zu vergeben, um die schrittweise Umwandlung der baumlosen Hagenauer Straße in eine kühlende und Wasser speichernde Klimastraße mit multifunktionaler Nutzung, Aufenthaltsqualität und Flächen für die Nachbarschaft, die den Fußverkehr, die Verkehrssicherheit und die Barrierefreiheit stärkt, und die durch Änderung der Flächennutzung CO2 einspart sowie Artenvielfalt stärkt und Lebensräume für geschützte Wildtierarten schafft, auf Machbarkeit und mögliche Gestaltungsvarianten zu prüfen.

Damit soll der Anpassung an die Klimaerwärmung, sommerliche Hitzewellen und Starkregen Rechnung getragen werden. Dazu sind bis zu 15.000 Euro aus Drittmitteln vorzusehen.

  • die Aufstellung von 4 klimaangepassten Bäumen in Pflanzgefäßen mit integrierter Sitzgelegenheit und Wasserspeicherung („Bloomlets“) im Straßenraum zu ermöglichen.

Dazu ist die Fläche von insgesamt vier Parkplätzen vom ruhenden Verkehr zu entwidmen und zu entsiegeln. Damit kann wertvolles Feedback aus der Anwohnerschaft und dem Umfeld zu dem Vorhaben Klimastraße entstehen. Die Finanzierung für die Pflanzgefäße und Bäume wird aus Fremdmitteln erbracht, zum Beispiel Spenden oder Projektmitteln. Die Pflege der Pflanzen wird durch eine Patenschaft durch die Initiative abgesichert.

Diese vier Bäume sollen im Zuge der Umsetzung der Klimastraße möglichst in diese integriert werden, bieten jedoch auch für sich genommen eine erste Aufwertung der Lebensqualität.

Begründung:

Die Hagenauer Straße ist die einzige Straße im Kollwitzkiez vollständig ohne Baumbestand. Im Sommer heizt sie sich auch dadurch sehr stark auf. Zudem ist der öffentliche Raum der Straße nur einseitig nutzbar. Der Straßenraum weist neben der Fahrbahn auf der ganzen Länge der Straße ca. 100 Autoparkplätze auf. Die Bürgersteige sind eng und häufig stehen darauf Fahrräder, Lastenräder und Motorräder, da geeignete Abstellflächen fehlen. Das Konzept zur Klimastraße und die Ergebnisse der Planungsworkshops finden sich hier: https://bit.ly/3b1vSPj , die Webseite der Anwohnerinitiative hier: klimastrasseberlin.de.

Die Hagenauer Straße ist stadtklimatisch stark belastet und weist einen starken Wärmeinseleffekt im Siedlungs- und Straßenraum auf. Die thermische Situation im Siedlungsraum ist ungünstig. Maßnahmen zur Verbesserung der thermischen Situation sind notwendig und prioritär. Sie sollten sich auf die Tag- wie Nachtsituation auswirken (Quellen: Umweltatlas: Klimamodell Berlin – Analysekarten, Planungshinweise Stadtklima, jew. Ausgabe 2016). Die Hagenauer Straße ist zudem schlecht bis sehr schlecht mit wohnungsnahen Grünflächen versorgt. (Quelle: Umweltatlas: Umweltgerechtigkeit, Ausgabe 2015).

Für die Machbarkeitsstudie für das Pilotprojekt Klimastraße Hagenauer gibt es erste positive Signale aus der Hauptverwaltung / Leitstelle Charta Berliner Stadtgrün bezüglich einer Finanzierung.

Dabei ist die Klimastraße Hagenauer Straße als Pilotprojekt für einen Maßnahmenmix zu betrachten, der künftig auf weitere Straßen mit hoher stadtklimatischer Belastung und Mangel an Grün- und Freiflächen im öffentlichen Raum ausgeweitet werden kann. Das Ziel der Klimastraßen sind Klimaschutz und Klimafolgenbewältigung durch Kühlung, Wasserspeicherung, auch durch Rigolen und in Verbindung mit Sensorik, mehr Aufenthaltsqualität und Spielmöglichkeiten, wildtier- und naturgerechte Planung mit animal aided design, sowie die Einsparung von CO2, insbesondere bei der Mobilität, durch geänderte Flächennutzung.

Durch die ersten vier Bäume soll das Engagement der Bürger*innen in der Anwohnerinitiative für eine grünere, lebenswerte und kühlere Hagenauer Straße erste Früchte tragen. Damit werden erste Elemente einer Klimastraße versuchsweise und reversibel umgesetzt. Es kann daran erprobt werden, wie die Neugestaltung des Straßenraums von allen Seiten angenommen wird. Bei allen Maßnahmen wird der Bewohner*innenbeteiligung Rechnung getragen und diese gestärkt. Die Spenden und Drittmittel zur Finanzierung werden durch die Anwohnerinitiative Klimastraße Hagenauer eingeworben. Es wird auf eine wartungsarme Bauweise geachtet.

Als weitere Perspektive könnte die Klimastraße Hagenauer Straße mittelfristig Bestandteil eines neuen grünen Netzes werden kann, das die fußläufige Erreichbarkeit der Grünflächen Helmholtzplatz, Kollwitzplatz, Park am Wasserturm, Marie, Leisepark, Volkspark Friedrichshain und Mauerpark verbessert.

In einer Befragung der Mitgliedsunternehmen der IHK Berlin bejahte mit 67 Prozent der befragten Betriebe eine deutliche Mehrheit, dass sich eine Aufwertung des öffentlichen Raums vor ihrem Geschäft oder ihres Gebäudes durch mehr Grün vorteilhaft für ihr Unternehmen auswirken würde. 

Die Umgestaltung des Straßenraums wird dadurch begünstigt, dass im Jahr 2020 die Infrastruktur für alternative Verkehrsmittel zum Auto erheblich verbessert wurde und in den nächsten Jahren weiter verbessert werden soll.

Mit den Maßnahmen wird folgenden Beschlüssen der BVV Pankow, des Berliner Senats und des Abgeordnetenhauses Rechnung getragen:

BVV Pankow:

  • Pankow erklärt den Klimanotstand VIII-0916
  • Mehr Raum zur Entfaltung – attraktive Wohnviertel durch Entschleunigung VIII-0944 (zu Kiezblocks)

Berliner Senat:

  • Charta für das Berliner Stadtgrün und das Handlungsprogramm Berliner Stadtgrün 2030, Beschluss des Berliner Senats vom 16.6.2020
  • Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 (BEK) und das Umsetzungsprogramm zum BEK 2030, Senatsbeschluss von August 2018. Die Programme enthalten konkrete Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels und kommen für eine spätere Umsetzung der Klimastraße durch Drittmittel in Frage, die Fördersätze betragen bis zu 100 Prozent.

Abgeordnetenhaus von Berlin

  • Beschluss vom 6.7.2017: für dezentrale Regenwasserbewirtschaftung als Teil des Klimafolgenanpassung. Seither sollen Flächen, von denen Regenwasser direkt in die Mischwasserkanalisation fließt, jährlich um 1 Prozent reduziert werden. Dazu sollen Pilotprojekte aufgelegt werden.
  • Berliner Mobilitätsgesetz, Beschluss vom 5. Juli 2018 sowie Berliner Mobilitätsgesetz – Abschnitt Fußverkehr, Beschluss vom 28.1.2021.