Hitzeresistente Infrastruktur aufbauen – vulnerable Gruppen schützen

Drs. IX-0326

Antrag der Linksfraktion 


Die BVV möge beschließen:

Das Bezirksamt wird ersucht, frühzeitig für die folgenden Hitzeperioden einen mehrstufigen Hitzeschutzplan zu entwickeln. Dabei sollten u.a. folgende Punkte Berücksichtigung finden:

1. Das Thema Hitze muss ein eigenes „Lagebild“ im Kapitel Wetterereignisse im bezirklichen Notfall-, Krisen-, Katastrophen- und Zivilschutzplan sein. Entsprechend wird im Falle des Eintritts eines bestimmten Szenarios (höhere Warnstufen des Deutschen Wetterdienstes) der bezirkliche Krisenstab aktiv, welcher mit Hilfe der Stabsstrukturen die lageabhängig notwendigen Fachämter übergreifend koordiniert.

2. Der BVV ist ein Handlungsplan, mit verschiedenen Maßnahmenstufen, abhängig vom meteorologischen Geschehen vorzulegen. Dieser umfasst als niedrigste Stufe mindestens die aktive Sensibilisierung der Bevölkerung und des Personals durch gezielte Pressearbeit und Warnungen und geht in der Maximalstufe bis zur einer Aktivierung bezirklicher öffentlicher Abkühlzentren.

3. Es ist eine demographische und geographische Risikoanalyse zu erstellen, die in Kombination mit städtischen Klimamodellen Heat Spots identifiziert und bei der Umsetzung von verschiedenen Maßnahmen (sowohl präventiv als auch reaktiv) besonders vulnerable Gruppen berücksichtigt, wie etwa Schulen, Kitas, Alten- und Pflegereinrichtungen sowie Krankenhäuser.

4. Konkret müssen in besonders hitzebelasteten Orten mobile oder fest installierte Trinkwasserbrunnen aufgestellt und feste Orte für Abkühlzentren bereitgestellt werden, die kostenlos und barrierefrei sind und wohnortnah von vulnerablen Gruppen erreicht werden können. Dort sollten außerdem Sanitätsteams vor Ort sein. Es ist zu prüfen ob sich ggf. Bahnhöfe (z.B. S+U Pankow) dafür eignen. Pankow sollte für den Bezirk einen bezirklichen Hitzeschutzatlas entwickeln und gleichzeitig anregen, dass ein berlinweiter Hitzeschutzatlas allen Berliner*innen unabhängig der Bezirksgrenzen zur Verfügung gestellt wird. Dort sind berlinweite Hilfsangebote und Abkühlmöglichkeiten anschaulich darzustellen. Zusätzlich müssen die Leitstellen der Ordnungskräfte und Sozialdienste umfassend über alle Hilfsangebote informiert werden, damit diese betroffenen Personen schnell helfen können.

5. Es sind besonders hitzebelastete Orte zu identifizieren und dort als Pilotprojekt sogenannte Hitzestraßen einzurichten, in denen in besonders heißen Hitzeperioden der Verkehr abgehängt wird, um die Straßen zu kühlen.

6. Langfristig ist zu prüfen, wie an besonders hitzebelasteten Orten prioritär Bäume und Fassadenpflanzen zur Kühlung der Kieze gepflanzt werden können.

Begründung:

Wir sind wir der Hitze nicht schutzlos ausgeliefert. Es ist eine politische Entscheidung, die Menschen vor Herzinfarkt und Kreislaufzusammenbrüchen zu schützen. Besonders vulnerable Gruppen und Menschen mit geringen Einkommen sind von Hitze betroffen. Auch Menschen, die nicht in gekühlten Büros sitzen, sondern auf der Straße arbeiten, müssen unter der Hitze sehr viel stärker leiden. Hier muss der Bezirk seiner Fürsorgepflicht nachkommen und auch die Menschen schützen, die kein Haus am See oder eine Klimaanlage haben. Die kommenden Jahrzehnte werden von immer weiter steigenden Temperaturen, Dürren und Waldbränden geprägt sein. Besonders Städte sind durch den sogenannten „Urban-Heat-Island-Effect“ von Hitze betroffen. Dort wo besonders viele Flächen durch Asphalt und Beton versiegelt werden, wird die Hitze aufgenommen und gespeichert. Luftschadstoffe, der Verkehr mit den daraus resultierenden erhöhten Ozonwerten am Boden, und die Energie- und Wärmequellen heizen die Stadt zusätzlich auf. In Großstädten konnten bei der Jahresmitteltemperatur zwischen Stadt und Umland Temperaturdifferenzen von weit mehr als 10°C gemessen werden. Ein immer größerer Energieverbrauch durch Kühlgeräte verstärkt diesen Effekt für den Großteil der Stadt, während nur wenige von der Kühle profitieren können. Pflanzen und Bäume kühlen die Stadt zum einen durch den Schatten, den sie spenden und zum anderen durch die Verdunstungskälte des Wassers, die an die Luft abgegeben wird.

Es ist jetzt die Zeit, in eine hitzeresistente Infrastruktur zu investieren. Der Bezirk Pankow hat hier noch einen langen Weg vor sich, wie aus der Kleinen Anfrage 0288-IX "Hitzehilfe in Pankow" hervorgeht. Von einer Stadt, die für alle lebenswert bleibt, profitieren schlussendlich auch alle.