Möbliertes Kurzzeitwohnen regulieren / Zweckentfremdung von Wohnraum effektiv bekämpfen II
Drs. IX-1047
Teil der Kampagne der Linken im Bundestag gegen Mietwucher. Mehr darüber erfahren kann man hier.
Das Bezirksamt Pankow wird ersucht, mit erhöhtem Nachdruck folgende Maßnahmen zur Bekämpfung der Zweckentfremdung von Wohnraum in Pankow zu ergreifen und dabei auch rückwirkend gegen illegale Nutzungen vorzugehen.
- Die möblierte und/oder temporäre Vermietung von Wohnraum in sozialen Erhaltungsgebieten ist durch das Bezirksamt als unzulässige Nutzungsänderung zu behandeln, für die grundsätzlich keine Genehmigung erteilt wird. Mit dem Ziel der Schaffung einer gemeinsamen landesweiten Regelung erfolgt diesbezüglich ein Austausch mit dem Berliner Senat und anderen Bezirken.
- Das Bezirksamt prüft, für welche Formen der möblierten und/oder temporären Vermietung eine Untersagung nach Zweckentfremdungsrecht erfolgen kann. Das Bezirksamt setzt sich beim Berliner Senat für eine Anpassung des Zweckentfremdungsrechts ein, um bisher nicht erfassbare Formen der möblierten und/oder temporären Vermietung als mögliche Zweckentfremdung fassen zu können.
- Das Bezirksamt erarbeitet Regelungen, welche bei neu zu schaffendem Baurecht Projekte ausschließen, deren Ziel die temporäre und/oder möblierte Vermietung von Wohnraum ist. Es setzt sich beim Berliner Senat dafür ein, dass dies auch bei Planungen des Landes gilt und der Senat einen Leitfaden mit entsprechenden Handlungsempfehlungen erarbeitet.
- Das Bezirksamt setzt sich beim Berliner Senat und im Bündnis für Wohnungsneubau und Mieterberatung dafür ein, möblierte und/oder temporäre Vermietung von Wohnungen unverzüglich und systematisch zu erfassen und zu regulieren. Es fordert dazu auch die schnellstmögliche Erstellung eines Mieten- und Wohnungskatasters sowie den Ausschluss solcher zweckentfremdenden Modelle aus der Vermietungspraxis der am Bündnis beteiligten Akteure.
- Das Bezirksamt schafft in Abstimmung mit den bezirklichen Mieterberatungen ein mehrsprachiges Informationsangebot, um Mieter*innen über den möglichen Missbrauch von temporärer und/oder möblierter Vermietung und ihre diesbezüglichen Rechte zu informieren. Objekte und Anbieter*innen, bei denen die Vermietungsformen vorranging vorkommen sollen identifiziert und Mieter*innen gezielt informiert werden.
Einreichende: BV Frederik Bordfeld, BV Maria Bigos, BV Maximilian Schirmer
Begründung:
Immer mehr Wohnungen in Berlin werden in sogenannten Wohn-Zeit-Modellen vermietet, um bestimmte Mieterschutzvorschriften, vor allem über die zulässige Miethöhe, zu umgehen. Dazu gehören Angebote wie möbliertes Wohnen, sogenannte Boardinghouses, Co-Living oder serviced Apartments, die in der Regel temporär vermietet werden.
Wurden im Jahr 2012 noch 9.600 von 74.300 Wohnungen auf diese Art inseriert, waren es 2023 bereits 30.000 von 55.600 Wohnungen. Der Anteil von Wohn-Zeit-Modellen an den jährlich inserierten Wohnungen hat sich von 13 Prozent auf 54 Prozent mehr als vervierfacht. In einigen zentral gelegenen Bezirken werden bereits etwa zwei Drittel aller Wohnungen zur möblierten und/oder temporären Vermietung angeboten (https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/ci- tat/VT/19/SchrAnfr/S19-19140.pdf).
Die IBB geht in einer vorsichtigen, auf grob unvollständigen Daten basierenden Schätzung davon aus, dass dem Mietwohnungsmarkt dadurch mindestens 8.000 Wohnungen in Berlin dauerhaft entzogen werden (https://www.ibb.de/media/dokumente/publikationen/berliner-woh-nungsmarkt/wohnungsmarktbericht/ibb-wohnungsmarktbericht-2023.pdf).
Die durchschnittlichen Mieten bei möbliert und/oder temporär vermieteten Wohnungen liegen mit 24.44 Euro pro Quadratmeter bei 212 Prozent des durchschnittlichen Mietniveaus regulär vermieteter Wohnungen (https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-19140.pdf).
Grund genug für die IBB, dieses Geschäftsmodell zum Schwerpunktthema des aktuellen Immobilienmarktberichtes zu machen, wo die Autor*innen zu folgendem Fazit kommen: „Klar ist aber auch, dass die Entwicklungen des Segments nicht mehr im Einklang mit den bestehenden mietrechtlichen Regelungen stehen“ (https://www.ibb.de/media/dokumente/publikationen/berliner-wohnungsmarkt/wohnungsmarktbericht/ibb-wohnungsmarktbericht-2023.pdf).
Die Vermietung von möbliertem Wohnraum unterliegt zwar der Mietpreisbremse. Weil aber der Möblierungszuschlag gesetzlich nicht geregelt ist und nicht separat ausgewiesen werden muss, wird Möblierung regelmäßig zur Umgehung der Regelung genutzt. Hinzu kommt, dass Vermieten „zum vorübergehenden Gebrauch“ nach § 549 Abs. 2 Nr. 1 BGB von wesentlichen mietrechtlichen Regelungen ausgenommen ist. Die unklare Gesetzesformulierung erlaubt bisher eine weite Auslegung des Begriffs und damit die Umgehung von Mieterschutzvorschriften. Beiden Problemen wird durch die in der Bundesratsdrucksache 218/23 genannten Gesetzesänderungen abgeholfen.
Auch auf Ebene des Landes und der Bezirke existieren eine Reihe von Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um möbliertes Wohnen auf Zeit als Instrument zur systematischen Umgehung des Mieterschutzes wirksam einzudämmen.