Prävention von Kinder- und Familienarmut in Pankow - Koordinationsstelle und bezirkliche Gesamtstrategie

Drs. IX-0523

Antrag der Linksfraktion und der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen


Das Bezirksamt wird ersucht, im Rahmen des Haushaltsplanaufstellungsverfahrens 2024/2025 eine Koordinationsstelle zur Prävention von Kinder- und Familienarmut einzurichten und diese direkt beim BzStR für Jugend und Familie anzusiedeln. Dazu entwickelt das Bezirksamt zunächst ein umfassendes Konzept zur Ausgestaltung der Koordinationsstelle.

Darüber hinaus wird das Bezirksamt ersucht zu prüfen, ob im Vorgriff auf den nächsten Doppelhaushalt zunächst die Einrichtung mindestens einer Beschäftigungsposition aus nicht besetzten Stellen oder durch Schaffung einer neuen Beschäftigungsposition im Rahmen der Haushaltsdurchführung für das o.g. Aufgabengebiet eingerichtet werden kann.

Zudem wird das Bezirksamt ersucht,eine Gesamtstrategie zur Reduzierung und Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut zu entwickeln. Diese Gesamtstrategie soll an die Planungen zur Reduzierung und Prävention von Kinder- und Familienarmut auf Landesebene anknüpfen und unter anderem folgende Aspekte aufgreifen:

  • Verzahnung und Koordination der Aktivitäten der mit dem Thema Kinder- und Familienarmut beschäftigten Fachämter in Pankow
  • Analyse und Identifikation von Armutsstrukturen in Pankow
  • Vernetzung und Zusammenarbeit mit Akteur:innen und Trägern im Bezirk
  • konkrete Maßnahmen in den strategischen Zielen der Landeskommission Kinder- und Familienarmut: Teilhabe, Bildung, gesund aufwachsen, materielle Versorgung, Querschnittsziele

Das Konzept zur Ausgestaltung der Koordinierungsstelle soll an der zu erarbeitenden bezirklichen Gesamtstrategie ausgerichtet sein. Sowohl die Konzeption zur Ausgestaltung der Koordinierungsstelle als auch die bezirkliche Gesamtstrategie sind dem Kinder- und Jugendhilfeausschuss zur Diskussion und Mitwirkung vorzulegen.

für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BV Can Diego Aru, BV Helene Bond, BV Almuth Tharan, BV Hannah Wettig

für die Linksfraktion: BV Maria Bigos, BV Paul Schlüter, BV Maximilian Schirmer

Begründung:

Grundsätzlich sind Minderjährige im Vergleich zu anderen Altersgruppen überproportional von Armut betroffen. Rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wachsen in Armut auf und die Zahl steigt.1 Als arm gelten Kinder vor allem dann, wenn sie in einer Familie leben, die als Bedarfsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) nur über ein Mindesteinkommen zur sozialen Sicherung verfügt. Das betrifft in Berlin rund 27 Prozent und damit jedes vierte Kind. Damit belegt Berlin im Vergleich mit den anderen Bundesländern den vorletzten Platz. Schlusslicht ist Bremen mit 31,6 Prozent. Auch in Hinblick auf die sogenannte Armutsgefährdungsquote sind Berliner Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) bundesweit überdurchschnittlich oft betroffen. Rund 31,8 Prozent der Berlin Kinder und Jugendlichen sind von Armut gefährdet.2

Seit dem Jahr 2017 gibt es in Berlin eine ressortübergreifende Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 2017). Die Kommission ist beauftragt, eine gesamtstädtische Strategie zur Reduzierung und Prävention von Kinder- und Familienarmut zu entwickeln und in Kooperation mit den Berliner Bezirken umzusetzen, die alle Aspekte von materieller, sozialer und Bildungsarmut im Zusammenhang und in ihrer Wechselwirkung sieht. Hierfür hat die Landeskommission im August 2021 ein kindorientiertes Zielesystem entwickelt, das entlang eines gesamtstädtischen Steuerungsverfahrens die strategische Richtung vorgeben soll. Die dazugehörigen fünf Leitlinien beschreiben auch die Art des dafür erforderlichen Umsetzungsrahmens. Beides bildet unter Berücksichtigung der verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen die Grundlage für künftige Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut im Land Berlin.

Um auch als Bezirk Pankow Kinder- und Familienarmut stärker zu bekämpfen, soll eine Stelle für Koordinationsaufgaben im Zusammenwirken von bezirklichen Präventionsaufgaben der Kinder- und Familienarmut im kommenden Haushaltsplan des Bezirks Pankow festgeschrieben werden. Um die notwendigen finanziellen Ressourcen angemessen festzulegen, braucht es ein Konzept zu Zielen und Aufgaben der Koordinierungsstelle.

 


 vgl. Der Paritätische – Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege (2022): Armutsbericht 2022.

vgl. Bertelsmann-Stiftung (2020): Kinderarmut: Eine unbearbeitete Großbaustelle.