Fraktionsreport 03/2025

Teilhabefachbereich Jugend kurz vor dem Kollaps – Bezirksamt wechselt nach Jahren der Untätigkeit in eine aktive Verweigerungshaltung

BV Maria Bigos

Der Teilhabefachbereich Jugend berät und begleitet behinderte Kinder und Jugendliche zu Fördermöglichkeiten und zu ihrem jeweiligen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Dazu zählt ein sehr breites Spektrum an Leistungen. Das reicht von Lerntherapien bei Lese-Rechtschreibschwäche über körperlich und geistig Schwerstbehinderte bis hin zu psychischen Erkrankungen. Aufgrund prekärer Arbeitsbedingungen durch Personalmangel und unzureichender Räume, meldete der Teilhabefachbereich bereits vor fünf Jahren zunehmend Schwierigkeiten in der Fallbearbeitung. Derzeit verzeichnet der Teilhabefachbereich eine regelrechte Antragsflut. Es werden monatlich rund 100 Anträge mehr gestellt als noch im Vorjahr. Stand März 2025 sind 600 Neuanträge unbearbeitet.

Die aktuellen Räume sind von ihrer Bewegungsfläche für Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, zu eng bemessen. Der Flur ist so schmal, dass die Vorgaben für die Flucht- und Rettungswege nicht mehr eingehalten sind. Die Akten können nicht ordnungsgemäß gelagert werden. Der Brandschutz ist insgesamt unzureichend. Auch gibt es keine barrierefreie Toilette. Die Zustände sind für die betroffenen Kinder, Jugendlichen und Familien genauso belastend wie für die Mitarbeitenden. Der Krankenstand ist hoch. Es kommt zu massiver Arbeitsverdichtung und zu Verzögerungen in der Bewilligung von Maßnahmen. 2023 betrug die Bearbeitungszeit für eine Lerntherapie sechs Monate. Vorgesehen sind drei, in Ausnahmefällen maximal sieben Wochen.

Vor zwei Jahren forderte die Bezirksverordnetenversammlung Pankow deshalb auf Antrag der Linksfraktion deshalb einstimmig die Beantragung einer Anmietung neuer, barrierefreier und ausreichender Räume für den Teilhabefachbereich Jugend. Dafür gibt es auch eine gesetzliche Grundlage und landesseitige Vorgaben, die festschreiben, dass der Teilhabefachbereich Jugend im sogenannten Haus der Teilhabe anzusiedeln ist, das heißt in räumlicher Nähe zu allen relevanten weiteren Fachdiensten wie dem schulpsychologischen und inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentrum (SIBUZ). Durch die unzureichenden Büroräume kann aber derzeit nicht mal der Teilhabefachbereich Jugend selbst vollständig in einem Gebäude untergebracht werden. Die Arbeitsgruppe „Erweiterter Förderbedarf“ musste ins Rathaus Weißensee ausgelagert werden.

Doch der zuständige Stadtrat für Facility Management, Jörn Pasternack (CDU), weigert sich einen Antrag zu stellen, obwohl der Senat eine Zustimmung signalisiert hat. Das ist nicht nur unverantwortlich. Die Situation wird zunehmend absurd. Der Teilhabefachbereich soll in die Fröbelstraße 15 umziehen, die jetzt schon überbucht ist und deren Sanierung frühestens abgeschlossen ist. Bis dahin der Bereich weiter auseinandergerissen und die Mitarbeitenden parallel ins Home Office und mobile Arbeiten gezwungen werden – wohlweislich, dass der Teilhabefachbereich Jugend mit sensiblen Daten arbeitet und auf Nachweise Dritter angewiesen ist, die nicht elektronisch vorliegen. Gleichzeitig verweigerte man den Mitarbeitenden unnötig lange die notwendigen Laptops und Handys. Der Grund: es wurde ein pragmatischer Sammelantrag gestellt, anstatt Einzelformulare auszufüllen.

Der Pankower Teilhabefachbereich Jugend galt im Berliner Vergleich mal als Best Practice Beispiel. Jetzt droht er zum Worst Case Szenario zu werden. Es besteht die große Sorge, dass die Leistungserbringer der Eingliederungshilfe mit Pankow nicht mehr zusammenarbeiten werden wollen und damit die dringend notwendige Unterstützung für die Kinder und Jugendlichen ausbleibt. Eine solche Situation gab es schon mal. Sie sollte sich nicht wiederholen.