Fraktionsreport 04/2024
Kürzungswelle droht: Grün-Schwarz-Gelb kündigt Pankower Konsens auf
Der Bezirk Pankow musste ja schon einige Kürzungswellen und Haushaltskrisen ertragen – kleine, mittlere und große. Doch egal wie schwierig und akut die Situation war, war sich die Mehrheit der BVV immer einig: Bei sozialen Angeboten, insbesondere für Kinder, Jugendliche und Familien wird nicht gekürzt! Dieser sogenannte Pankower Konsens ist durch die schwarz-grün-gelbe Zählgemeinschaft nun aufgekündigt.
Das Bezirksamt Pankow hat am 18. Juni 2024 den finalen Sparplan zur Auflösung des Defizits von insgesamt 26 Millionen Euro in Folge des negativen Jahresabschlusses 2023 beschlossen – die Bereiche Jugend und Soziales sind am stärksten betroffen. Und offenbar war der Rotstift schon lange vor dem Beschluss angesetzt, wenn am Dienstagabend der Sparplan vorgetragen wird und dem Kinder- und Jugendhilfeausschuss am Mittwochvormittag bereits eine Streichungsliste zugeht. Entsprechend undurchdacht sind dann auch die Vorschläge: Es werden Reste zusammengekratzt, die gar nicht wirklich zur Verfügung stehen, die nicht sozialverträglich abgewogen wurden und die am Ende auch nicht ausreichen werden.
Gekürzt werden soll vor allem bei der politischen Bildung, bei der freien Jugendhilfe und bei der Schulsozialarbeit. Trotz Rechtsruck und einer Zunahme belastender Lebenssituationen sollen den Kindern und Jugendlichen wichtige Anlaufstellen und Unterstützungsangebote, pädagogisch begleitete Auszeiten und sichere Räume genommen werden. Pankow hat derzeit unter allen Bezirken die höchste Quote an psychosozialen Belastungen bei Kindern und Jugendlichen. Schulsozialarbeit ist eine wichtige Schnittstelle zum Jugendamt. Gleichzeitig sind die Schließungen von Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen immer noch nicht vom Tisch. Mit ihnen würden weitere wichtige Meldeketten entfallen.
Das vorgeschlagene Sparmodell der Bezirksbürgermeisterin ist zudem auf Sand gebaut. Das Bezirksamt plant den Großteil der Rekordmiese erst 2027 zurückzuzahlen. Das funktioniert nur mit der Zustimmung des Senats, die er sich teuer erkaufen lässt. Es wird ein struktureller Sanierungsplan und die Absenkung der Ausgaben in den Hilfen zur Erziehung verlangt mit Vorschlägen, die politisch und rechtlich untragbar sind. Die Bezirksbürgermeisterin will prüfen, ob Heimkinder mit Erreichen der Volljährigkeit ins Jobcenter abgegeben werden können – mit fatalen Folgen für die Betroffenen. Denn fällt eine Unterstützung in der sensiblen Übergangszeit von Volljährigkeit bis Erwachsenenalter weg, wird der Großteil dieser jungen Menschen den Sprung in die Ausbildung und dann auch in den Beruf nicht schaffen – und damit auch nicht in ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben.
Auch für Soziales wird der Sparplan sensible Einschnitte bedeuten. Bei allem Streit um den aktuellen Doppelhaushalt waren sich die demokratischen Fraktionen bislang immer einig, mehr für die Senior*innen tun zu wollen. Es wurde auch immer beteuert, dass soziale Projekte in infrastrukturell schlecht angebundenen Bezirksregionen, wie in Karow oder Buch, besonderes Augenmerk verdienen. All das gilt offenbar nicht mehr und auch die bezirklichen Zuwendungen für das Stadtteilzentrum Buch oder das Bucher Bürgerhaus könnten auf der Streichungsliste landen. Genauso stehen die Bezirkspreise und die Freiwilligenagentur zur Debatte, obwohl man sich anhaltend versichert, wie wichtig ehrenamtliches Engagement für Gesellschaft und Bezirk ist.
Die unrealistischen schwarz-gelben Digitalisierungsvorhaben und auf die grüne Klientel beschränkten Verkehrsprojekte bleiben hingegen unangetastet, wofür weitere soziale Verschiebungen im Bezirk in Kauf genommen werden, wenn dafür die Gebühren für die Musikschulen und die Volkshochschulen erhöht werden. Die Musikschulen würden damit sozial undurchlässiger und das niederschwellige Bildungsangebot der Volkshochschulen torpediert. So geht soziale und inklusive Politik nicht.