Schule und Jugend

Pankow ist ein stetig wachsender Bezirk und Heimat zahlreicher Familien. Bei uns leben – im Berliner Vergleich – die meisten Kinder und Jugendlichen. Die Linksfraktion macht sich für einen familienfreundlichen Bezirk und eine kinderfreundliche Kommune stark. Der Ausbau der Schulen im Bezirk sowie die Sanierung des Schulbestands sind ebenfalls wichtige Themen der Bezirkspolitik. Bei der Schaffung neuer Schulplätze setzen wir auf die Gründung von Gemeinschaftsschulen mit Ganztagsangeboten.

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Kommunale Angebote der Kinder- und Jugendarbeit erhalten

Drs. IX-1128

Das Bezirksamt wird ersucht, am bewährten Trägermix in der standortgebundenen allgemeinen Kinder- und Jugendarbeit festzuhalten und sich gegenüber dem Senat dafür einzusetzen, das gemeinsame Budgetierungsobjekt BO809 aufzulösen und die Fachleistungsstunden der Kinder- und Jugendarbeit in öffentlicher Trägerschaft und in freier Trägerschaft wieder getrennt zu budgetieren.

 

Einreichende:

Für die Linksfraktion: BV Maria Bigos, BV Maximilian Schirmer

Für die Fraktion der SPD: BV Roland Schröder, BV Thomas Bohla

Begründung:

Im Sanierungskonzept für den Bezirk Pankow für die Jahre 2025-2027 heißt es: "Im Bereich des Jugendamtes fällt zudem durch einen berlinweiten Vergleich auf, dass Pankow mehr Jugendfreizeiteinrichtungen in kommunaler Trägerschaft führt als die meisten anderen Bezirke und dass die Kosten dieser Einrichtungen in der Regel höher sind als die Kosten der durch freie Träger geführten Einrichtungen. Im Kinder- und Jugendhilfeausschuss ist zu diskutieren und zu beschließen, ob die Kosten der kommunalen Einrichtungen zum Beispiel durch eine teilweise und sukzessive Abgabe an freie Träger mittel- und langfristig gesenkt werden können.“ (S. 6).

Betrachtet man allein die Kosten-Leistungsrechnung (KLR), sind die kommunalen Angebote der Kinder- und Jugendarbeit mit höheren Kosten verbunden. Allerdings handelt es sich dabei um ein haushaltstechnisches Problem.

Auf die kommunalen Einrichtungen entfällt ein vergleichsweise hoher, sogenannter Umlagekostenanteil. Dieser setzt sich aus Gemeinkosten wie bspw. Instandhaltungskosten und Dienstleistungskosten zusammen sowie aus Kosten für Waren und Produkte, die die Verwaltung für den laufenden Betrieb benötigt. Auch sogenannte Infrastrukturkosten wie Gebäudekosten, Energie, Wasser und Kommunikation sowie Amtskosten wie bspw. die Kosten der Personalabteilung sind im Umlagenkostenanteil enthalten. Genauso umfasst sind Kosten für zentrale Services und Steuerungsdienste. Im Grunde also alle Kosten, die für das reibungslose Laufen des behördlichen Betriebs notwendig sind, aber Prozessen und Leistungen zukommen, die nicht immer klar abgrenzbar und damit auch nicht eindeutig in einem Produkt abbildbar sind. Es ist dieser sogenannte Umlagekostenanteil der die Stückkosten der kommunalen Angebote nach oben treibt, weil dieser in die Kosten kommunaler Fachleistungsstunden hier einfließt. Das angeblich „schlechtere“ Abschneiden der kommunalen Einrichtungen in der Budgetierung ist also nicht ausreichend sachlich begründet.

Gleichzeitig werden zur Finanzierung die Kosten der kommunalen Angebote mit denen der Angebote in freier Trägerschaft im Budgetierungsobjekt BO809 zusammengefasst und hierfür durch die Senatsverwaltung für Finanzen ein gemeinsamer Zuweisungspreis festgelegt. Dieser liegt unter dem Median für kommunale Fachleistungsstunden und über dem Median für Fachleistungsstunden in freier Trägerschaft. Die Budgetierung ist somit sowohl für die kommunale als auch für die Kinder- und Jugendarbeit in freien Trägerschaften unrealistisch. Der Zuweisungspreis ist nämlich nicht umlagenbereinigt und gibt somit keine verlässliche Auskunft über die Effizienz der kommunalen Angebote, ihrer tatsächlich geleisteten Arbeit und ihren Mehrwert für die bezirkliche Jugendhilfe. Den früheren wesentliche „Kostenvorteil“ durch die untertarifliche Bezahlung bei vielen freien Trägern gibt es so nicht mehr. Vielmehr besteht, neben dem auch hier angewandten Planmengenmodell, eine weitere strukturelle Benachteiligung in der Finanzierung der Pankower Jugendarbeit, die es zu beheben gilt.

Übertragungen kommunaler Einrichtungen in Projekte in freier Trägerschaft wären nur eine scheinbare Lösung für das Haushaltsproblem des Bezirkes und gleichzeitig eine tiefgreifende Zäsur für die Kinder- und Jugendarbeit im Bezirk, wenn durch den Trägerwechsel die dazugehörige, über Jahre gewachsene und sensible Beziehungsarbeit abbricht. Mehr noch, würde eine solche Übertragung einer kommunalen Einrichtung in freie Trägerschaft zusätzliche Kosten verursachen. Bei Reduzierung der Anzahl kommunaler Einrichtungen durch Übertragung in freie Trägerschaft, ist von keinen nennenswerten Budgetierungsgewinnen in der allgemeinen Kinder- und Jugendarbeit zu rechnen, weil die Umlagekosten des Bezirksamtes in unveränderter Höhe anfallen. Diese werden auf andere Produkte im Bezirksamt verteilt werden müssen, die sich dadurch verteuern würden. Zudem ist eine solche Übertragung mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden, wobei fraglich ist, ob ein freier Träger bei den teils sanierungsbedürftigen Einrichtungen eine Übernahme überhaupt wagen würde. Die Unsicherheit für den Fortbestand der übertragenen Einrichtungen würde sich infolgedessen auch dadurch erhöhen, dass bei Kürzungen in Bezirks- und Landeshaushalten die Rotstifte in aller Regel bei den zuwendungsfinanzierten Einrichtungen und Angeboten angesetzt werden. Selbst wenn durch Übertragungen kommunaler Einrichtungen in freie Trägerschaft weniger Kosten anfallen, würden sie insbesondere in Hinblick auf ihren Aufwand minimal ausfallen und auch erst mittelfristig wirksam werden, nämlich frühestens im übernächsten Haushaltsjahr - demnach nach 2027 und damit auch nach beendeter Schuldentilgung im Rahmen des Sanierungskonzeptes. Ein Wechsel der Trägerschaft darf nicht aus oberflächlicher Kostenbetrachtung heraus, sondern nur aus fachlichen Gründen im Sinne der Pankower Kinder und Jugendlichen sowie deren Familien erfolgen.

Um eine realistische Kostendarstellung und damit deckende Finanzierung beider Angebotsformen zwischen den Bezirken zu erreichen, braucht es eine Auflösung des gemeinsamen Budgetierungsproduktes BO809, in dem die Produkte der standortgebundenen allgemeinen Kinder- und Jugendarbeit in kommunaler und freier Trägerschaft zum Zwecke der Budgetierung aktuell zusammengefasst werden. Die Budgetierung der Produkte 80963 (kommunale) und 80964 (freie) soll wieder getrennt erfolgen. Pauschale Übertragungen von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit in freie Trägerschaft hingegen führen zu einer finanziellen Abwärtsspirale, die einen enormen Spar- bzw. Kürzungsdruck auf die Bezirke ausüben. Zudem sehen sich auch die freien Träger seit Einführung der Medianbudgetierung und der KLR einem genauso zunehmenden Kostendruck ausgesetzt, der sich beispielhaft im Zwang zur Arbeitsverdichtung, der zunehmenden Akquise von Drittmitteln, dem unentgeltlichen Einsatz von Ehrenamt und der nicht automatisierten Anpassung der Tarifmittel zeigt. Entsprechend müssen auch im Sinne der freien Träger am Budgetierungsverfahren Anpassungen vorgenommen und nicht die Überführung von kommunalen Einrichtungen in freie Trägerschaft gefordert werden.