Alles durch fünf

Michael van der Meer

Pankow hatte die Wahl und nun reiben sich viele die Augen. Wie in anderen Bezirken auch, haben in Pankow vor allem in den Bereichen außerhalb der Zentren der Stadt sehr viele Wählerinnen und Wähler für die AfD votiert. In den innerstädtischen Bereichen wurden hingegen die Grünen oft Spitzenreiter. Und so gewann in Pankow die AfD sogar ein Direktwahlkreis am Stadtrand – Buch, Karow, Französisch Buchholz –, die innerstädtischen Wahlkreise vom Arnimplatz bis zur Winsstraße entschieden die Bewerber der Grünen für sich. Die SPD hat flächendeckend dramatische Stimmenverluste hinnehmen müssen, konnte nur fünf Wahlkreise, teilweise auch nur sehr knapp, verteidigen. Anders DIE LINKE, die deutliche Zugewinne in den innerstädtischen Wahlkreisen erhielt, aber außerhalb der Zentren auch einige Prozentpunkte verlor. Doch mitten im Zentrum des Bezirks holte DIE LINKE mit Udo Wolf ein Direktmandat für das Abgeordnetenhaus zurück.

Ein schöner Erfolg für DIE LINKE, aber eine anspruchsvolle Konstellation. Denn auf der Ebene des Abgeordnetenhauses wird, egal wer mit wem, nur noch eine Dreierkoalition die Regierung bilden können. Das stellt alle Beteiligten vor eine besondere Verantwortung. Und dem entsprechend ist derzeit alle mediale Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf ein Zustandekommen oder Scheitern der rot-rot-grünen Koalition gerichtet.

Ein wenig tritt Pankow dahinter zurück. Hier scheint derzeit die wichtigste Frage, wer denn nun Bürgermeister wird. Dabei ist das unter den nach dieser Wahl entstandenen Mehrheitsverhältnissen in der Bezirksverordnetenversammlung aber beinahe nachrangig. Denn spannender wird die Frage, wie das überhaupt gehen kann, ein Bezirksamt aus fünf Parteien zu besetzen. Das hat Berlin noch nie gesehen und Pankow ist nach dieser Wahl auch der erste und einzige Bezirk, in dem fünf Parteien an der Bildung des Bezirksamts zu beteiligen sind: LINKE, Grüne, SPD, CDU und AfD. Und da ist niemand um das Bürgermeisteramt zu beneiden, der immer gegen seine eigene Stimme handeln müsste, sobald er im Bezirksamt oder in der BVV auf keine Mehrheit trifft.

Sicher ist DIE LINKE im Vorschlagsrecht für das Bürgermeisteramt, soweit sich keine Zählgemeinschaft anderer Fraktionen gegen sie zusammenschließt. Aber wichtiger scheint die Begründung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit »auf Augenhöhe« der drei mit 13 bzw. je 12 Mandaten nahezu gleich starken Fraktionen in der BVV Pankow von Berlin, ganz wie in der Koalitionsabsicht auf Landesebene in den Farben Rot, Rot und Grün. Es braucht verlässliche Strukturen und gemeinsame Zielstellungen für die kommenden Jahre, wenn das Bezirksamt erfolgreich sein soll. Derzeit verhandeln die Parteien und bereiten sich auf die Konstituierung der BVV und die Wahl des Bezirksamts am 27. Oktober vor. Wünschen wir ihnen Weitsicht und eine glückliche Hand.

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Michael van der Meer