Als erste Expertin trat Doris Knoblauch, Wissenschaftlerin am Ecologic Institute, ans Redepult. Als ausgewiesene Kennerin der kommunalen Handlungsebene stellte sie exemplarische Handlungsfelder im Bereich der Mobilität vor. Als eine wichtige Aufgabe, die eher noch an Bedeutung gewinnen wird, identifizierte sie den Lieferverkehr aufgrund der Zunahme von Bestellungen über das Internet. Anstatt den Phänomenen (Parken in zweiter Reihe oder auf Radwegen) ratlos zuzusehen, sollten Lösungen wie Sammel-Stationen zur Paketabholung oder Ladezonen bedacht werden. Auch solle der Übergang zu Lastenrädern unterstützt werden. Zur Verkehrswende trage auch ein dichtes Netz von sozialer Infrastruktur, Einzelhandelsversorgung und Öffentlichem Nahverkehr bei. In einer Stadt der kurzen Wege sinkt die Nutzung des motorisierten Individualverkehrs spürbar. Auch Projekte wie der »Umsteiger« in Kiel, ein Konzept, das in Berlin auch im Zusammenhang mit »Mobilitätshubs« debattiert wird, tragen zur Verringerung des Verkehrsaufkommens und damit zum Klimaschutz bei. In Pankow ist ein derartiges Angebote am S-Bahnhof Pankow geplant, wo viele Pendler*innen aus dem Umland umsteigen. Ein weiterer Schwerpunkt dieses Referates war die Frage der langfristigen Verankerung des Klimaschutzes im Aufgabenkatalog der Verwaltung. Pankow hat auf Initiative der LINKEN bereits beschlossen, eineN KlimaschutzbeauftragteN einzustellen und ein Klimaschutzkonzept zu erarbeiten. Doris Knoblauch regte an, sich im Klimaschutzkonzept auch konkrete Zwischenziele zu setzen und Regelungen für den Fall vorzusehen, dass diese nicht erfüllt werden. Auch eine möglichst breite Verankerung der bezirklichen Bemühungen in der Stadtgesellschaft sei sinnvoll, u.a. in Form eines Beirates. Derzeit werden mehrere Anträge zu solchen Strukturen in den Ausschüssen der BVV und mit interessierten Bürger*innen beraten.
Anschließend berichtete Corinna Altenburg vom Deutschen Institut für Urbanistik über die Fördermöglichkeiten für Klimaschutz-Aktivitäten. Sie vermittelte dabei einen Einblick in die vielen Ebenen und Förderkulissen. Das Land Berlin ist im Bundesvergleich bei den Möglichkeiten der Förderung auf Grundlage der »Kommunalrichtlinie« wenig aktiv. Hinzu kommt, dass die Berliner Bezirke nicht selbst als Kommunen gelten und sich so nicht direkt und ohne Unterstützung der Senatsverwaltungen um Förderungen bemühen können. Zudem wissen viele, deren Institutionen förderberechtigt sind, zum Beispiel Kitas oder Kultureinrichtungen, nichts davon, dass sie Projektförderungen erhalten könnten. Wichtig sei, so betonte Corinna Altenburg, auf die Senatsförderprogramme (wie BEK, BENE oder GründachPLUS) zurückzugreifen. Durch ihren Vortrag wurde klar, dass eine Klimaschutzbeauftragte oder ein Klimaschutzbeauftragter in diesem Themenfeld aktiv sein muss. Besonders deshalb, weil auch der Bezirk Pankow kaum finanzielle Möglichkeiten über seinen Haushalt eröffnen kann.
Als dritter Referent trat Bernhard Siegel von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin auf. Er beschrieb eindrücklich, welche Potenziale für Photovoltaik auf Dachflächen im Bezirk ungenutzt bleiben. Was Wohngebäude betrifft, beschrieb er die Möglichkeit, die Dachflächen von Wohnblöcken/Wohnanlagen zu nutzen. Hier sei das Projekt »Mieterstrom« attraktiv, sowohl was den Klimaschutz betrifft, als auch für die Mieter*innen, deren Stromrechnung dabei deutlich sinkt. Auch beim Gewerbe konnte er in seiner Präsentation beeindruckende Anregungen geben. Gerade bei den großen Flachdächern von Einzelhandel, Logistikcentern oder Lagerhallen wären sehr große Photovoltaikanlagen möglich. In der dritten Kategorie – den verwaltungseignen Gebäuden – widmete er sich beispielhaft den Dächern von Schulen. Spannend war Siegels Hinweis, dass bei Bebauungsplänen Photovoltaik auf Dachflächen als Standard bei Neubauvorhaben gelten kann. Diese Anregung werden wir im Ausschuss für Stadtentwicklung zur Beratung anmelden. Ausdrücklich teilen wir seine Betrachtungsweise bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik-Anlagen: Hier sollte nicht nur die Energieerzeugung eingerechnet werden, sondern auch, dass jede Photovoltaik-Anlage eine Klimaschutzmaßnahme ist.
Als letzte Sachverständige trat in der Anhörung Dr. Cornelia Niemeitz vor die BVV, die im Bezirk Spandau in der Leitstelle für Nachhaltigkeit und Klimaschutz tätig ist. Sie berichtete aus der Perspektive einer Mitarbeiterin einer Bezirksverwaltung und konnte von ihren Bemühungen berichten, Klimaschutz als Querschnittsaufgabe in der Verwaltung zu verankern. Dr. Niemeitz bestärkte die BVV darin, Anstrengungen für den Klimaschutz in der Breite der Gesellschaft anzuregen. So sei es eine wichtige Aufgabe, Informationen und Beratungsangebote für Bürger*innen, Verwaltung und Gewerbe zur Verfügung zu stellen. Dabei sollten bereits bestehende Strukturen genutzt und gestärkt werden. Auch diese Referentin benannte die Gebäude als wichtigen Faktor: Ziel müsse es sein, sie ans Fernwärmenetz anzuschließen, Liegenschaften mit erneuerbaren Energien zu versorgen und bei Neubauten mindestens Passivhaus-Standard zu erreichen. Als Anregung für kommunalpolitische Aktivitäten schlug sie u.a. vor, sich mit dem Pankower Projekt der »Klimawerkstatt« zu beschäftigen, die als Einrichtung des Bezirks sehr erfolgreich arbeite. Auch die Teilnahme am »European Energy Award« empfahl sie unserer Abwägung. Abschließend konstatierte sie, dass die Bezirksverwaltungen – weil sie auf externe Fördertöpfe angewiesen sind – in hohem Maße zu Mehraufwand gezwungen sind. Es sollten den Bezirken dauerhafte Finanzierungsmöglichkeiten für Klimaschutzmaßnahmen eingeräumt werden.
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