Schwierigkeiten beim Bauen

BV Wolfram Kempe

In Berlin die Zukunft der Stadt zu planen und Wohnungen zu bauen, gleicht einen Hindernislauf. Viele dieser “Hindernisse” sind jedoch handelnden Interessengruppen – Politik, Verwaltung, Bürgerschaft und Immobilienwirtschaft – selbst erzeugt, weil sie ganz unterschiedliche, zum Teil gegenläufige Absichten verfolgen. Das will ich an zwei Beispielen aus Pankow erläutern. 
An der Michelangelostraße zeigt schon der heutige Blick auf den Stadtplan, daß hier viel innerstädtischer Platz für nur meist zur Hälfte genutzte Großparkplätze verschwendet wird. Darum hielten auch wir hier eine, wohlgemerkt behutsame bauliche Nachverdichtung für möglich. Der Prozeß der notwendigen Beteiligung der Bürgerschaft war schwierig, vor allem, weil unsere Verwaltung keine Ahnung hatte, daß sie in diesem Verfahren eine gleichberechtigter Partner der Bürgerschaft sein muß, sonst geht es schief. Die BVV mußte mehrfach eingreifen, um die Bürgerbeteiligung wieder aufs Gleis zu setzten. Erschwert wurde das durch die Landespolitik, die alle halbe Jahr eine höhere Zielzahl der zu errichtenden Wohnungen ausgab, am Ende war von 2500 die Rede. Mittlerweile ist klar, daß dort zwischen 850 und 1150 Wohnungen errichtet werden. Das ist das Ergebnis des Bürgerbeteiligungsprozesses. 
Verwaltungen können aber mit voller Absicht gegen die Politik und gegen einander agieren. Das geschieht gerade beim “Blankenburger Süden”. Gegen diesen Großvorhaben gibt es erst Widerstand, als man seitens der Landesverwaltung die Zielzahl mal eben von 5000 auf 10000 Wohnungen erhöhte und bei dieser Gelegenheit gleich die Siedlungsanlage Blankenburg über den Jordan gehen lassen wollte. Eine in meinen Augen völlig unsinnige Vorgehensweise. Die Senatswohnungsverwaltung von Katrin Lompscher hat sich mittlerweile korrigiert, die grüne Senatsverkehrsverwaltung aber noch lange nicht: Sie möchte nach wie vor die sogenannte Tangentialverbindung Nord durch die Anlage pflügen. Sie hält an ihren überlebten, 30 Jahre alten Planungen für eine “autogerechte Stadt” verbissen fest, egal, was im Koalitionsvertrag steht. Damit droht das Verfahren in eine Sackgasse zu geraten. 
Daß insbesondere Stadtplanung von paternalistischen Affekten gegenüber der Bürgerschaft geprägt ist, zeigt sich allerorten. Berlin hat zwar Flächen für die Wohnbebauung ausgewiesen, sich aber um die deswegen notwendigen Investitionen in die soziale, schulische und Verkehrsinfrastruktur, insbesondere in den Öffentlichen Verkehr, herumgedrückt. Darauf weist die Bürgerschaft in den Beteiligungsverfahren jetzt hin. Zu Recht.  

Erschienen im Kiezblatt, 2019