Vorwärts immer, rückwärts nimmer: Bus statt Bahn in den Blankenburger Süden?

BV Wolfram Kempe

Der Chef der Berliner CDU-Abgeordnetenhausfraktion, Dirk Stettner, glaubt, ein Machtwort gesprochen zu haben. Stettner, bisher als Verkehrs“experte“ eher unterbelichtet, hat beschlossen, dass für die Erschließung der großen Neubauvorhaben in Blankenburg und Karow der Bus als öffentliches Verkehrsmittel ausreiche, bis eine U-Bahn gebaut ist. Von Heinersdorf bis Buch weiß jeder, dass das völliger Unsinn ist. Damit illustriert der CDU-Mann jedoch eindrucksvoll, warum es in Berlin mit dem Ausbau des Öffentlichen Verkehrs bei Plänen und Versprechungen bleibt, tatsächlich aber nichts passiert.

Verkehrsingenieure kriegen eine konkrete Aufgabe, zum Beispiel die Erschließung eines neuen Wohngebietes und die Anbindung an das vorhandene Netz, also die Frage: Wie kommt man am intelligentesten zum nächstgelegenen – vorhandenen – S-Bahnhof? Die Vorplanungen beginnen mit einer Bedarfsermittlung: Wieviel Leute müssen transportiert werden? Es folgt ein Verkehrsmittelvergleich: Bus, Straßenbahn und U-Bahn unter dem Aspekt von Kosten und Nutzen sowie eine Festlegung der zukünftigen Trasse. Dazu braucht man inklusive aller Streitereien rund fünf Jahre.

All das hat beim Blankenburger Süden stattgefunden, nur weniges ist noch strittig, darunter die Trassenführung der Tram.

Dann aber kommt die Stunde derjenigen, denen es noch nie um Verkehr ging, sondern nur ums eigene Fortkommen. Führende Berliner Politiker betrachten neue Verbindungen im Öffentlichen Verkehr als persönliches Geschenk an die Bevölkerung, das ihnen Wählerstimmen sichern soll. Dass die Beschenkten die Rechnung bezahlen – was soll‘s. Es geht gar nicht um Verkehrsfragen, es geht um tolle Bilder bei der Einfahrt in drei oder vier neue S- oder U-Bahnhöfe im Führerstand eines Zuges. Nachdem Frau Giffey für ihren Neuköllner Wahlkreis und Herr Saleh für Spandau (beide SPD) ihre U-Bahn-Verlängerungen haben, will Herr Stettner von der CDU nun seine U-Bahn nach Weißensee. Das hat zwar mit der Erschließung des Blankenburger Südens nichts zu tun, blockiert im Gegenteil das Neubauvorhaben, lässt aber die Karower weiter von einem U-Bahn-Anschluss träumen. Im Märkischen Viertel träumen sie davon seit 1974 - und quetschen sich immer noch in überfüllte Busse. Trotz aller Versprechen der Politik - oder gerade deswegen.

So wird wieder einmal das Mögliche und Machbare in Berlin nicht getan und stattdessen Wolkenkuckucksheime errichtet. Stettner ist damit nicht alleine. Die Straßenbahnerschließung der Alten Schäferei stellt der Bausenator in Frage. Die Durchbindung der Heidekrautbahn von Wilhelmsruh nach Gesundbrunnen steht auf der Kippe. Von einer Verlängerung der S 75 redet momentan niemand. Man will eine U-Bahn zum Flughafen, ohne auch nur eine Vorstellung davon zu haben, wie in diesen Flughafen nachträglich ein U-Bahnhof integriert werden könnte. Aber wenigstens schließt man die Lücke zwischen Krumme Lanke und Mexikoplatz. 600 Meter, nach 103 Jahren!

Dirk Stettner indes, auch das hat er eine Zeitung wissen lassen, erträumt sich derweil einen öffentlichen Verkehr mit Flugtaxis und Hyperloop. Na dann.