Kurzer Prozess. B-Planverfahren am Mauerpark wird zur Farce.

SPD und CDU peitschen Groth-Vorhaben wider aller Vernunft durch

SPD und CDU peitschen Groth-Vorhaben wider aller städtebaulichen Vernunft durch.

Zur Beschlussfassung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr des Abgeordnetenhauses am 30.09.2015 über den B-Plan 1-64 a für ein Wohnungsbauvorhaben der Groth-Gruppe am Mauerpark erklärt der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Linksfraktion Pankow Michail Nelken:

Einen neuen Tiefpunkt der Berliner Stadtplanungskultur zelebrierten die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und die Regierungskoalition gestern im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses. Nach dem die Senatsverwaltung zehntausende Einwendungen von Bürgern und Trägern öffentlicher Belange im B-Planentwurf einfach weggewogen haben, wurde die parlamentarische Behandlung desselben zur Farce. Die hunderte Seiten umfassend Vorlage (mit Einwendungen und Gutachten über 1.000 Seiten) wurde in erster Lesung ohne inhaltlicher Debatte in ca. 90 Minuten formal abgehandelt und mit den Stimmen der Koalition gegen die der Opposition beschlossen.

Die Anträge der Linksfraktion angesichts der Masse der Materialien und der vielen offenen städtebaulichen und rechtlichen Probleme auf Vertagung und auf Durchführung einer Anhörung wurde von der SPD-CDU Mehrheit unter Verweis auf die jahrelangen Debatten zum Mauerpark an sich abgelehnt. Auf den mehreren Seiten umfassenden Fragenkatalog den die LINKE eingereicht hatte, wurden oberflächlich oder auch gar nicht geantwortet. Die einzige Frage, mit der sich die Senatsvertreter ernsthafter abmühten, war die nach der Ableitbarkeit der Planung aus dem FNP, weil dazu ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes auf dem Tisch lag, das die Linksfraktion beantragt hatte und das die Ableitbarkeit verneinte.

Ansonsten ergingen sich Senator Geisel, Senatsbaudirektorin Lüscher, Staatssekretär Gäbler und die Sprecher der Regierungsfraktion in politischen Sprechblasen über die Bedeutung des Wohnungsbaus, die »soziale Mischung im Groth-Vorhaben« (?) und den Zugewinn an Grünfläche für den Mauerpark südlich des Plangebiets. Lediglich der CDU-Abgeordnete Brauner hatte einen Anflug der Offenheit, als er feststellte, dass es nicht nur Wohnungsbau für Sozialhilfeempfänger geben müsse, sondern es Gott sei Dank auch gut verdienende Bürger in der Stadt gäbe, die eine hochwertige Neubauwohnung in attraktiver Lage suchten und bezahlen können.

Letztlich fand der widerrechtliche Gehalt dieser Investorenplanung ungewollt doch seinen klaren Ausdruck. Die Grünzugplanung des Landes wird geopfert, eine Verschlechterung der Stadtklimas, eine unverträgliche Bebauungsdichte, eine fast vollständige Versiegelung, eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange der Bodennutzung und öffentlicher Infrastruktur, ein fahrlässiger Umgang mit einer erheblichen und teilweise ungelösten Lärmbelastung von Wohngebäuden, der Abriss von Teilen des Denkmals Gleimtunnel, eine mangelhafte und gefährliche Verkehrserschließung, eine Verschlechterung der Wohnsituation in kommunalen Sozialwohnungsbeständen und anderes mehr werden hingenommen, damit die »Wirtschaftlichkeit« des Bauvorhabens von Groth gesichert bleibt. Deshalb kann der Bauherr Groth auch nicht mit einer relevanten Abschöpfung der exorbitanten Wertsteigerung seines Grundstücks durch die Schaffung von Baurecht belastet werden, um Folgekosten seines Vorhabens für die öffentliche Infrastruktur zu decken. Denn, und da ließ dann Staatssekretär Gäbler die Katze aus dem Sack, das Land Berlin bekäme ja außerhalb des Plangebiets vom Eigentümer eine Fläche für die Erweiterung des Mauerparks überlassen. So könne das Land Berlin seine Verpflichtung hinsichtlich der Größe des Mauerparks gegenüber der Allianzstiftung für Natur und Umwelt (mit 15jähriger Verspätung) erfüllen.

Die Alternative, so räumte Gäbler ein, wäre, dass das Land über 10 Mio. Euro für den Erwerb des ganzen Areals nördlich und südlich des Gleimtunnels hätte ausgeben müssen. Er unterließ es dabei zu sagen, dass jetzt der Mauerparkdeal mit Groth dem Land Berlin allein schon über 5 Mio. € kosten wird.

Quintessenz: Berlin verschafft mit diesem B-Plan der Firma Groth Baurecht in einem vorher vertraglich vereinbarten Umfang und erhält dafür als Gegenleistung ein Grundstück für die Fertigstellung des Mauerparks. Dies ist allerdings nicht zur Bewältigung der Folgen des Vorhabens erforderlich, sondern dient weitergehenden anderen Interessen und Verpflichtungen des Plangebers Berlin. Hinzukommt, dass durch diesen »Mauerparkdeal« (Mauerparkvertrag von 2012) das Ergebnis des Planverfahren in seinen wesentlichen Eckpunkten (insbesondere verwertungsfähige Bruttogeschossfläche) substanziell vorfestgelegt wurde und die erforderliche Ergebnisoffenheit nicht bestand. Viele öffentliche Belange wurden im Planverfahren zum Erreichen des vorher vertraglich Vereinbarten »weggewogen«. Damit wurde das Bebauungsplanverfahren zur Farce. Das Baurecht in Berlin ist de facto käuflich.

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