Errichtung von Parklets durch zivilgesellschaftliche Akteur*innen
Kleine Anfrage: KA-1124/VIII
BV Jurik Stiller, Linksfraktion
Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:
Die Umgestaltung des öffentlichen Raumes ist erklärtes Ziel der BVV. Mit den Parklets auf der Schönhauser Allee, aber auch den Bemühungen um die Einrichtung von Kiezblocks hat sich der Bezirk auf den Weg gemacht, um - im Zweifelsfall zulasten des ruhenden Kraftfahrzeugverkehrs - neue und bessere Sichtbeziehungen herzustellen und auch ganz grundsätzlich die Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raumes zu erhöhen.
Die Sondernutzung für drei durch einen Verein errichtete Parklets in der Gudvanger, der Duncker- sowie der Templiner Straße wurden vom Bezirksamt für einen begrenzten Zeitraum in 2021 genehmigt. Im zuständigen Ausschuss berichteten Vertreter des Bezirksamtes, dass ggf. aufgrund der Gemeinnützigkeit des Vereins bzw. der auf das Gemeinwohl orientierten Nutzungsmöglichkeiten auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren verzichtet werden könne oder zumindest Spielraum hinsichtlich der Sondernutzungsgebühren bestehe.
Vor diesem Hintergrund frage ich das Bezirksamt:
1a. Ist durch diese Anlagen der Gemeingebrauch gemäß BerlStrG § 10 eingeschränkt?
1b. Kommt aus Sicht des Bezirksamts die (Teil)Einziehung für den Zweck der Errichtung solcher Anlagen in Frage?
2a. Wurde im konkreten Fall von dem durch Vertreter des Bezirksamts erwähnten Spielraum hinsichtlich der Sondernutzungsgebühren Gebrauch gemacht?
2b. Für welche Dauer ist die Genehmigung erteilt worden?
3a. Trifft es zu, dass das Bezirksamt unter Verweis auf entsprechende Vorhaben auch der für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zuständigen Senatsverwaltung keine Verlängerung der Genehmigung in Aussicht stellen konnte?
3b. Falls ja, welche konkreten Gründe liegen und lagen vor, die die erneute Genehmigung verunmöglicht haben?
3c. Inwiefern waren diese Gründe bei der Genehmigung der aktuellen Laufzeit nicht gegeben?
Antwort des Bezirksamts
Abt. Stadtentwicklung und Bürgerdienste
Zu 1a.:
Ja, während der Nutzungszeit dieser Fläche durch ein Parklet ist der Gemeingebrauch eingeschränkt. Eine anderweitige Nutzung für den ruhenden Verkehr (auch für mobilitätseingeschränkte Personen, Liefer- und Ladevorgänge, Querungsmöglichkeiten, Straßenreinigung usw.) ist dann an dieser Stelle nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich.
Zu 1b.:
Nein. Das öffentliche Straßenland muss einer Vielzahl von öffentlichen Aufgaben dienen. Eine (Teil)Einziehung von öffentlichem Straßenland schränkt diese Nutzung regelmäßig ein, siehe auch 1a).
Zu 2a.:
Nein, eine Gebührenbefreiung wurde nicht beantragt und es wurden keine entsprechenden Belege eingereicht. Die Sondernutzungsgebührenverordnung sieht für sonstige bauliche Anlagen und Gegenstände, wozu auch Parklets gehören, eine bestimmte Gebühr pro m² und Monat vor. Auf Anweisung des zuständigen Bezirksamtsmitglieds wird bei Folgeanträgen die Gemeinnützigkeit des Vereins berücksichtigt werden bei der Festlegung der Gebührenhöhe.
Zu 2b.:
Gemäß Antrag bis 31.10.2021
Zu 3a.:
Ja. Zwischenzeitlich hat die zuständige Senatsverwaltung hierzu ebenfalls ein Pilotprojekt ins Leben gerufen. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat sich dafür als Pilotbezirk zur Verfügung gestellt.
Allerdings läuft das neue Förderprogramm der Senatsverwaltung parallel zu den Aktivitäten des Vereins mit Parklets, so dass die Anträge jetzt neu bewertet werden auf Veranlassung des zuständigen Bezirksamtsmitglieds.
Zu 3b.:
Eine erneute Erlaubnis für die lediglich als Pilotprojekt vorgesehenen Parklets sollte gemäß der o. g. Ablehnung vorerst nicht erteilt werden, weil die Projektphase des vom Senat geförderten Programms abgewartet werden soll. Es geht vor allem auch darum festzustellen, welchen Anforderungen ein Parklet genügen muss, um eine ausreichende Sicherheit auf der Straße bieten zu können. Sämtliches Straßenzubehör, welches auf Fahrbahnen und Gehwegen steht, muss hohen Sicherheitskriterien entsprechen. Für Parklets gibt es solche Vorgaben noch nicht, weil Erfahrungen fehlen.
Alle Gegenstände, die sich im Verkehr (hier im ruhenden Verkehr) befinden, müssen abgesichert werden. Bei den 3 Parklets fehlt es außerdem an erforderlichen Verkehrsschildern (Zeichen 222 - vorgeschriebene Vorbeifahrt) und beleuchteten Warnbaken (Verkehrszeichen 605) – hier wären weitere Abstimmungen erforderlich.
Zudem ist im Nachhinein festgestellt worden, dass die Parklets nicht abgesichert sind, falls Fahrzeugführer, die entlangfahren, plötzlich und unerwartet die Kontrolle über ihr Fahrzeug verlieren. Auch hier sollte die Pilotphase beim Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zeigen, wie eine Absicherung für die Nutzer des Parklets möglich sein kann. Eine Mindestforderung zur Absicherung wären Schrammborde, die entlang zum fließenden Verkehr aufgestellt werden müssen, was allerdings je nach Standort zu entscheiden wäre.
Für den Standort des Parklets auf der Dunckerstraßenbrücke musste die Zustimmung der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz eingeholt werden, da der Standort auf einem Brückenbauwerk ist. Die Senatsverwaltung hatte hier nur ausnahmsweise und befristet bis maximal 31.10.2021 zugestimmt.
Für den Standort Templiner Straße haben die Antragsteller gar nicht das Parklet aufgestellt, welches beantragt war. Es fehlen komplett die Fahrradständer. Es sollte ausdrücklich für Fahrräder konzipiert sein. Außerdem fehlt hier komplett der Schutz zur Fahrbahn hin. Für dieses Parklet, so wie es jetzt dasteht, müsste zusätzlich ein Überfahrschutz installiert werden. Mit den erforderlichen Sicherheitsabständen, die ein solcher Überfahrschutz erfordert, wäre die halbe Fahrbahn abgesperrt, was nicht möglich ist.
Zu 3c.:
Es sollte ja gerade ein kurzes Pilotprojet sein. Im Nachgang fanden auch Gespräche mit der Polizei statt, die im Anhörungsverfahren nicht mit einbezogen war, weil das nicht vorgeschrieben ist. Trotzdem ist der Bezirk gehalten, sich an Hinweisen der Polizei zu orientieren. Hier wurde durch die Polizei auf die v. g. Gefahrenpotenziale hingewiesen. Jeder Veranstalter auf den Fahrbahnen, muss sein Veranstaltungsgelände (Märkte, Feste usw.) ausreichend absichern (Schrammborde bzw. Überfahrschutz).
Hier sollen Menschen auf den Parklets verweilen, die bisher überhaupt gar nicht vor dem vorbeifahrenden Verkehr geschützt werden. Es kann nie ausgeschlossen werden, dass jemand aus gesundheitlichen Gründen die Kontrolle über sein Fahrzeug verliert. Es gibt genügend Beispiele, bei denen Menschen zu Schaden kamen, weil so ein Ereignis eingetreten ist.
Die Parklets in der Schönhauser Allee dagegen sind ganz anders konstruiert und bieten entsprechende Sicherheit.
Sollten die o. g. Anforderungen im Zuge der Nachbesserung der Anträge durch den Verein in Abstimmung mit dem Bezirksamt klären lassen, könnte eine Genehmigung in Aussicht gestellt werden.
Vollrad Kuhn
Bezirksstadtrat