Barrierefreie Haltestellen für den Bezirk Pankow

37. Tagung der BVV

Drs. VIII-1326

Gemeinsamer Antrag der SPD-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Linksfraktion


Die BVV möge beschließen:

Die BVV Pankow ersucht das Bezirksamt, eine Strategie zur barrierefreien Umgestaltung der Omnibus- und Straßenbahnhaltestellen im Bezirk Pankow bis spätestens zum 30. Juni 2020 zu erstellen. Damit soll den Vorgaben des deutschen Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), das zum 01.01.2022 eine vollständige Barrierefreiheit vorsieht, sowie dem Berliner Nahverkehrsplan 2019 bis 2023 entsprochen werden.

Für die Erstellung der Umsetzungsstrategie zur barrierefreien Umgestaltung der Haltestellen im Bezirk Pankow soll eine Abstimmung mit der BVG, den Fahrgastverbänden sowie Interessenvertretungen erfolgen. Auf diese Weise sollen Anforderungen der unterschiedlichen Zielgruppen, Lösungswege und konkrete Maßnahmen sowie Prioritäten für die räumliche und zeitliche Umsetzung definiert werden. Erforderliche Ausnahmen sind ausführlich zu begründen und in einem Zeitplan für die sukzessive spätere Umsetzung nachvollziehbar darzustellen. Die Umsetzungsstrategie soll bereits vorliegenden Standards zur Anwendung aufgreifen, die in einen strukturierten Maßnahmenplan mit Soll-Ist-Abgleich überführt werden.

Für die einzelnen Haltstellen sollen die folgenden Punkte dargelegt werden:

  • Zugänglichkeit der Haltestelle
  • Bordstein, Wartefläche/Bewegungsfläche, Bodenbelag, Bodenindikatoren
  • Statische oder dynamische Information und Aushangfahrplan
  • Beleuchtung
  • Position und Erkennbarkeit Haltestellenmast
  • Fahrgastaufkommen
  • Priorität und Realisierungszeitraum

Außerdem ist der BVV im Vorfeld der bezirklichen Haushaltsberatungen für 2022/2023 ausführlich darzustellen, welche personellen Ressourcen und finanziellen Mitteln für das Erreichen der Ziele des PBefG und des Nahverkehrplans Berlin 2019 bis 2023 erforderlich sind.

 

Begründung:

»[…] Im Nahverkehrsplan sind die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 01.01.2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Die in Satz 3 genannte Frist gilt nicht, sofern in dem Nahverkehrsplan Ausnahmen konkret benannt und begründet werden. […]«1

»Der neue Nahverkehrsplan (Berlin 2019 – 2023) legt erstmals detailliert fest, wie der barrierefreie Zugang zu den Verkehrsmitteln und Haltestellen und Bahnhöfen des ÖPNV gestaltet werden soll. Bei diesen gemeinsam mit Vertreter*innen der Betroffenenverbände erarbeiteten Standards geht es unter anderem um Leitsysteme und den stufenlosen Zugang zu Haltestellen und Bahnhöfen. Ziel ist, dass mobilitätseingeschränkte Personen selbständig ein- und aussteigen können – unter anderem dadurch, dass Bahnsteig- bzw. Bordhöhe auf die Höhe des Fahrzeugbodens ausgerichtet werden muss. Die rund 6.600 Berliner Bushaltestellen werden durch die zuständigen Bezirke nach und nach barrierefrei nach dem im neuen Nahverkehrsplan festgelegten Standard umgebaut. Durch das erhöhte Einstiegsbord ist es insbesondere für Rollstuhlfahrer*innen möglich, selbständig den Bus zu nutzen.«2

Ausnahmen zur Barrierefreiheit sind möglich, müssen aber benannt und begründet werden. Finanzielle Belastungen könnten so gemildert werden. Damit wird das Problem in die Zukunft verlagert. Es besteht auch die Möglichkeit für dauerhafte Ausnahmen. Dazu müssen Landesgesetzgeber Haltestellen wegen geringer Frequenz oder topografischer Besonderheiten von der Barrierefreiheit ausnehmen. Diese müssen jedoch durch die Aufgabenträger zunächst ermittelt werden. Der Dialog zwischen den Aufgabenträgern, Verkehrsunternehmen und Zielgruppe ist dafür sinnvoll.

Es sind also eine detaillierte Bestandsaufnahme und ein konkreter Maßnahmenplan von den Aufgabenträgern und den Verkehrsunternehmen zu erarbeiten. Für die konkrete Planung der Omnibus-Haltstellen ist gemäß eigener Aussage in der AG ÖPNV der Bezirk zuständig. Bei den Straßenbahn-Haltestellen ist das Bezirksamt mindestens beteiligt. Die Umgestaltung des Straßenraums bleibt insgesamt Aufgabe des Trägers der Straßenbaulast. Diese Aufgabe haben in Berlin die Bezirke.

Im Bezirk Pankow wurden einige Vorarbeiten für barrierefreie Haltestellen bei der Straßenbahn erstellt. Für die Omnibus-Haltstellen liegen hingegen kaum Vorarbeiten vor. Gemäß der Berichterstattung in der AG ÖPNV wird der Bezirk Pankow weder bei der Straßenbahn noch beim Omnibus die Ziele der PBefG fristgerecht erreichen und auch den Zielvorgaben des Nahverkehrsplans nur schrittweise entsprechend können. Dem Bezirksamt fehlen anscheinend sowohl die entsprechenden Stellen als auch das fachlich geeignete Personal, um dieses wichtige soziale Thema voranzubringen. Diese Situation muss geändert werden. Hierfür muss das Bezirksamt aktiver werden, eine klare Strategie entwickeln und die erforderlichen Personalkapazitäten und Investitionsbedarfe für den Umbau der Haltestellen klar benennen, damit der Bezirk Pankow wenigstens schrittweise der Barrierefreiheit an Haltstellen näherkommt und halbwegs begründen kann, warum die Ziele des PBefG und die Vorgaben des Nahverkehrsplan erst später erreicht werden.

 


 1Prof. Dr. Christofer Lenz: Wie ist die Zielsetzung einer vollständigen Barrierefreiheit im ÖPNV bis 01. Januar 2022 zu verstehen?

2https://www.berlin.de/sen/uvk/verkehr/verkehrsplanung/fussverkehr/barrierefrei-unterwegs/barrierefrei-im-oepnv/