Selten gekannte Einigkeit

Michael van der Meer

Es ist wohl dem Wahlkampf des nächsten Jahres geschuldet, dass die Aufstellung des Doppelhaushaltsplanes 2016/17 so anders verlief, als bei vielen Haushalten in Jahren zuvor. Dabei haben es die Vorgaben, die der Senator für Finanzen den Bezirken hierfür auferlegt, nicht leichter werden lassen. Vieles ist derart widersprüchlich verregelt, dass schon bei Aufstellung des Haushaltes klar wird, wie kurz die Halbwertzeit von Haushaltszahlen ist. In der Durchführung der Bezirkshaushaltspläne werden regelmäßig Nachbesserungen (»Basiskorrekturen«) des Finanzsenators in dreistelliger Millionenhöhe erforderlich. Das macht deutlich, wie wenig Haushaltswahrheit in den Vorgaben des Landes steckt.

Für Pankow ist der Haushalt nochmals enger geworden. Besondere Probleme erwachsen aus einer drastisch erhöhten Einnahmevorgabe, d.h. Einnahmen, die der Bezirk zu erbringen hat und die schon vorab von der Finanzzuweisung abgezogen werden – hier schmerzen vor allem die ab 2016 auf diesem Wege verlorenen Mittel aus der Parkraumbewirtschaftung. Und weiter lastet das Abtragen von »Verlusten aus Haushaltsvorjahren«, das trifft vor allem die Investitionen.

Unter diesen Voraussetzungen war es eine achtenswerte Leistung des Bezirksamts, dass es den Bezirksverordneten einen Entwurf vorlegte, der sich strikt an den Istwerten des Vorjahres orientiert und den ungekürzten Fortbestand von Leistungen und Angeboten des Bezirkes gewährleisten soll. Dies fand über alle Fraktionen hinweg die Billigung der Bezirksverordneten. Eine selten gekannte Einigkeit, der Wahlkampf naht, da will niemand kürzen.

Letztlich ergaben die umfangreichen Beratungen in Ausschüssen und Plenum der BVV noch Änderungen im Umfang von 719 T€ in 2016 und 751 T€ in 2017, angesichts des Gesamtvolumens von weit über 800 Millionen die sprichwörtlichen Peanuts. Der Linksfraktion war hierbei wichtig, vor allem für die Angebote freier Träger in allen Bereichen (Integration, Frauen, Soziales, Jugend, Kultur) eine Anpassung an deren gestiegene Personalkosten zu schaffen. Darüber hinaus engagierten wir uns vor allem für die Stabilisierung von Angeboten im Bereich von Kultur, Museum und Bibliotheken sowie der Ausstattung der Musikschule.

Zu einer dramatischen Fehlleistung kam es hingegen bei der Berechnung der für die Unterrichtsangebote von Musik- und Volkshochschule erforderlichen Honorare. Hier war das Bezirksamt bis zuletzt nicht gewillt oder nicht in der Lage, den vermuteten Mehrbedarf nachvollziehbar zu ermitteln. Es steht zu fürchten, dass mit den jetzt beschlossenen Ansätzen nicht alle bestehenden Unterrichtsverträge erfüllt werden können. Doch es bleiben mit diesem Haushalt weit gravierendere Probleme ungelöst. Dem Bezirk fehlen grundsätzlich die Mittel, auf die stetig wachsende Bevölkerungszahl zu reagieren. Dramatische Enge in den Schulen, übernutzte Grünanlagen, lange Wartezeiten auf Amtsfluren (sofern mensch überhaupt Glück in der Terminvergabelotterie gehabt hat) sind täglich für jede/n erlebbar. Aber die Vorgaben des Finanzsenators haben wir eingehalten.

Während sich das Land Berlin inzwischen mit einem Sonderprogramm für die »wachsende Stadt« neue Prestigeobjekte leistet, trocknen die Haushalte der Bezirke weiter aus.

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Michael van der Meer