Kinder und Jugend

Pankow ist ein stetig wachsender Bezirk und Heimat zahlreicher Familien. Bei uns leben – im Berliner Vergleich – die meisten Kinder und Jugendlichen. Die Linksfraktion macht sich für einen familienfreundlichen Bezirk und eine kinderfreundliche Kommune stark. Aktuell kämpfen wir vor allem für den Erhalt der Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen sowie ihre ausreichende personelle Ausstattung angesichts der Kürzungen des Berliner Senats und des Bezirks.

Hier finden Sie alle unsere Anträge und Anfragen, sowie alle Meldungen mit Bezug zu Kinder- und Jugendpolitik.

Keine Kürzungen bei der Beförderung behinderter Kinder - Diskriminierung beenden - Folgekosten abwenden

Drs. IX-1206

Das Bezirksamt wird ersucht, die Zuständigkeit für die Beförderung von körperlich, geistig und/oder seelisch behinderten Kindern und Jugendlichen im Rahmen der ergänzenden Förderung und Betreuung (eFöB) weiterhin beim Schulamt Pankow zu belassen und den Transport der Kinder auch in den Ferienzeiten sicherzustellen, da es sich um ein ganzjähriges Förder- und Betreuungsangebot der Schulaufsichtsbehörde handelt.

Das für alle Kinder und Jugendlichen geltende Menschenrecht auf Bildung ist zu gewährleisten und somit auch für körperlich, geistig und/oder seelisch behinderte Kinder und Jugendliche eine Teilnahme an Förder- und Betreuungsangeboten durchgängig und somit sowohl in Unterrichts- als auch Ferienzeiten sicherzustellen.

Zudem sind gesamtstädtische Interessen zu wahren und weitere Kostensteigerungen in der Eingliederungshilfe abzuwenden, die mit einer darüber alternativen und vor allem individuellen Beantragung des Transports über die Jugendhilfe zwangsläufig einhergehen würden.

Die besonderen Beteiligungsrechte des Kinder- und Jugendhilfeausschusses sind für alle Angelegenheiten der Jugendhilfe und somit auch für alle Belange an der Schnittstelle zwischen Jugend und Schule gem. §71, Absatz 4, Satz 1 SGB VIII in Verbindung mit der festgeschriebenen Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und Schulamt nach §81, Nr. 4 SGB VIII zu wahren. Die Entscheidung ist demnach auch aufgrund eines fehlenden Beschlusses des Kinder- und Jugendhilfeausschusses und der ausgeblieben vorherigen Zusammenarbeit zwischen Schul- und Jugendamt zurückzunehmen.

Einreichende: BV Maria Bigos, BV Maximilian Schirmer

 

Begründung:

Das Schulamt Pankow stellt die Beförderung körperlich, geistig und/oder seelisch behinderter Kinder in Ferienzeiten ein. Derartige Pläne wurden in Friedrichshain-Kreuzberg bereits für die Herbstferien im vergangenen Jahr 2024 umgesetzt und fußten auf der Begründung, dass das Schulamt nicht verpflichtet sei, die Beförderung in den Schulferien zu übernehmen, um die Teilnahme an der ergänzenden Förderung und Betreuung (eFöB, ehemals Hort) zu ermöglichen. Das Schulamt ist jedoch für die Durchsetzung der Schulbesuchspflicht zuständig. Die ergänzende Förderung und Betreuung, stellt dahingehend ein schulisches Ergänzungsangebot der Schulaufsichtsbehörde dar, die gemäß § 19 Abs. 6 Satz 3 SchulG auch während der Schulferien angeboten wird und angeboten werden muss. Die Zuständigkeit für die eFöB liegt somit eindeutig beim Schulamt und eine Unterscheidung nach Unterrichts- und Ferienzeiten ist nicht vorgesehen.

Die Auffassung, dass die Sicherstellung der Teilnahme an eFöB auch während der Ferienzeit durch das Schulamt zu erfolgen hat, begründet sich aus Landesregelungen seit der Schulgesetzesänderung vom 01.08.2022. Zum einen erstreckt sich die eFöB für behinderte Schüler.innen der Jahrgangsstufen 1 bis 6 mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ seitdem auch auf die Ferienzeit. Bei autistischen Kindern und Jugendlichen ist die eFöB sogar bis zum Ende der Jahrgangsstufe 10 zu leisten. Dementsprechend muss und soll ergänzende Förderung und Betreuung für die Ferienzeit nicht getrennt beantragt werden, sondern erfolgt gemeinsam. Allein deshalb besteht bereits keine Grundlage für das Schulamt Pankow einen Unterschied zwischen Förder- und Betreuungszeiten innerhalb oder außerhalb von Ferien zu machen. Auch im §10a der Schülerförderungs- und -betreuungsverordnung (SchüFöVO) ist eindeutig geregelt, dass eine solche Unterscheidung zwischen Unterrichts- und Ferienzeiten nicht vorgesehen ist, da die eFöB als schulisches Angebot der Schulaufsichtsbehörde ganzjährig und auch während der Ferien angeboten werden. Gleichlautend ist die Ganzjährigkeit der Angebote im §19 Abs. 6 des SchulG geregelt, in der sogar feste Zeiten in den Ferien von 7.30 bis 16.00 Uhr ausgewiesen sind.

Zum anderen handelt es sich bei eFöB-Angeboten um keine einfache Ferienbetreuung. eFöB dienen der Förderung der individuellen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen im Rahmen der Schulpflicht. Die grundlegende und durchgängige Ermöglichung der Teilnahme an eFöB-Angeboten entlastet nicht nur berufstätige Eltern, sondern dient der Persönlichkeitsentwicklung und die gezielten Unterstützungsangebote insbesondere bei behinderten Kindern auch der langfristigen Sicherung des Schulbesuches. Dazu gehören heilpädagogische Förderung und die Unterstützung bei der körperlichen und sprachlichen Entwicklung. Auch die Vermittlung lebenspraktischer Fähigkeiten und die Förderung sozialer Kompetenzen stehen im Fokus. Eine Teilnahmeermöglichung schließt den Transport zu den Angeboten mit ein.

Grundsätzlich haben alle Kinder und Jugendlichen das Recht auf diskriminierungsfreies Aufwachsen. Behinderte Kinder und Jugendliche haben dahingehend spezifische gesetzliche Schutzbestimmungen, weshalb einige Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen bei alternativen Stellen beantragt werden können, wenn das primär zuständige Amt die Leistung versagt. Daraus aber abzuleiten, dass die Zuständigkeit für den Transport von behinderten Kindern und Jugendlichen zu eFöB-Angeboten innerhalb von Ferienzeiten von Schulamt einfach so beendet werden könnte, ist weder richtig noch mit Blick auf die Kosten sinnvoll.

Dass bisher das Schulamt Pankow die Beförderung behinderter Kinder und Jugendlicher innerhalb und außerhalb von Ferienzeiten organisierte, durchführte und auch bezahlte, hat auch kostensparende Gründe. Wird der Transport nach Schulen bzw. nach Förder- und Betreuungseinrichtungen organisiert, ist auch gewährleistet, dass die Transportbusse voll besetzt fahren. Organisiert man den Transport individuell für jedes Kind, kommt es zwangsläufig zu Einzelfahrten bei gleichen Kosten pro Fahrt. Demnach ist auch aus Kostengründen die Beförderung weiterhin vom Schulamt zu verantworten, da ansonsten enorme Folgekosten in der Eingliederungshilfe ausgelöst würden; einem Bereich, in dem der Berliner Senat eine deutlich stärkere Steuerung gefordert und über das Projekt effSoz (effiziente Sozialtransferkostensteuerung) initiiert hat.

Zudem würde der Teilhabefachbereich Jugend, dessen Belastungsgrenzen bereits überstiegen sind, über die individuelle Beantragung weiter belastet. Eine angemessene Prüfung und Bewilligung von Anträgen ist bereits jetzt nicht mehr möglich und die Leistungen nach Ablauf der gesetzlichen Fristen zu erbringen und zu zahlen. Für die anstehenden Sommerferien, die in drei Wochen beginnen, wird eine rechtzeitige Bewilligung über den Teilhabefachbereich Jugend bereits unmöglich sein und die betroffenen Kinder und Jugendlichen werden eine entsprechende Förderlücke mit entsprechenden Folgen sowie ihre Eltern berufliche Einschnitte aufgrund der ausbleibenden Förderung und Betreuung haben. Da der Berliner Finanzsenat eine Deckelung der Mittelzuweisung für die Eingliederungshilfen an die Bezirke angekündigt hat, könnten die Transporte perspektivisch auch gänzlich entfallen und somit das Recht auf Bildung und Teilhabe für die behinderten Kinder und Jugendlichen relevant und rechtswidrig eingeschränkt werden.